Schnelle Termine beim Bürgeramt sind kein Hexenwerk
Aufgrund des öffentlichen Drucks möchte die Regierende Bürgermeisterin die Bürgerämter zur Cheffinnensache erklären. Ihr Versprechen: Niemand soll länger als 14 Tage auf einen Termin warten müssen. Dabei könnte dieser Wunsch längst Realität sein.
Haben Sie in den letzten Monaten einen Termin mit Ihrem Bürgeramt vereinbart? Dann hatten Sie wohl viel Geduld oder etwas Glück. Der Terminmangel ist ein altbekanntes Problem und entwickelt sich zum Politikum. Für viele Menschen ist ein zeitnaher Termin im nächstgelegenen Bürgeramt ein Gradmesser
für die Funktionalität der Verwaltung. Eine Kundenbefragung der Bürgerämter ergab: 89 Prozent wünschen sich einen Termin in Wohnortnähe. Gleichzeitig waren 48 Prozent der Befragten nicht in ihrem bevorzugten Bürgeramt. Insbesondere Senioren, Mobilitätseingeschränkte und Berufstätige stellt die Verlängerung eines Personalausweises vor enorme organisatorische Herausforderungen.
Hier ist es wichtig zu verstehen, dass die Bürgerämter im Gegensatz zu vielen anderen Verwaltungsabteilungen von der örtlichen Zuständigkeit ausgenommen sind. Ihre Dienstleistungen fallen unter die so genannte Allzuständigkeit – das heißt, die Bürger können unabhängig vom Wohnbezirk jedes der über 40 Bürgerämter in Berlin aufsuchen. Die Terminvergabe läuft dabei zentral über das Service-Portal des Landes sowie das Bürgertelefon 115. Was
zunächst nach einer kundenorientierten Lösung klingt, entpuppt sich in der Praxis als Desaster. Termine sind über Monate ausgebucht, die Kunden müssen quer durch die Stadt fahren, um einen freien Termin zu ergattern, und der Unmut über die vermeintlich unfähige Verwaltung wächst.
Dabei wären einige Bezirke durchaus in der Lage, eine wohnortnahe Terminversorgung zu gewährleisten. Die Allzuständigkeit hindert sie jedoch daran. Im Januar 2022 boten die Bürgerämter in Tempelhof-Schöneberg 24.315 Termine an, fast 6.600 mehr als der Zweitplatzierte Lichtenberg und über 10.000 mehr als der Berliner Durchschnitt. Bezirke wie Tempelhof-Schöneberg, Reinickendorf oder Lichtenberg sind im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl gut aufgestellt. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Aufgrund der Allzuständigkeit setzen einige Bezirke den Rotstift gern bei ihren Bürgerämtern an, denn die Bürger können auf andere Bezirke ausweichen. Dies geht im konkreten Fall zu Lasten der Menschen in Tempelhof-Schöneberg, die länger auf einen Termin warten müssen.
Deshalb müssen die Bezirke in ihrer Eigenständigkeit gestärkt werden. Klare örtliche Zuständigkeiten schärfen das Verantwortungsbewusstsein der Bezirke für ihre Bürger und bedeuten eben auch, dass die Frage nach der eigenen Leistungsfähigkeit nicht auf den Senat abgeschoben werden kann.
Wenn Sie also die vollmundigen Versprechungen des Senats zur Terminvergabe der Bürgerämter hören, denken Sie daran – eine wohnortnahe Terminversorgung in Tempelhof-Schöneberg wäre längst möglich.