Ja zur Ehe für gleichgeschlechtliche Paare?

Diskussion zur Mitgliederbefragung der Berliner CDU

Die Frage bewegt derzeit in der CDU viele Gemüter: Sollen auch gleichgeschlechtliche Paare die Ehe eingehen dürfen? Um noch einmal Pro- und Contra-Argumente anzuhören, haben die Ortsverbände Alt Tempelhof, Lichtenrade, Neu Tempelhof und Schöneberger Westen am 14. Juli 2015 zu einer Diskussion eingeladen. Auf Seiten der Befürworter der Vorsitzende der CDU Alt-Tempelhof und der LSU Berlin, MdA Markus Klaer – als Vertreter der Gegner MdA Stefan Schlede, der zu den Verfassern des offenen Briefes gegen die Ehe-Öffnung gehört.

Moderiert hat Daniel Dittmar, Vorsitzender der CDU Neu-Tempelhof und BVV-Mitglied, die Einleitung übernahm der Vorsitzende der CDU Lichtenrade, Dr. Jan-Marco Luczak, MdB. Luczak nannte einen Rücklauf von bisher knapp 4.000 Antwortbriefen, womit fast ein Drittel der 12.500 Berliner CDU-Mitglieder abgestimmt hätten. Ausgezählt wird am 24. Juli, neun Tage nach dem Befragungsende am 15. Juli. Dieser zeitliche Puffer wurde wegen des Poststreiks eingebaut.

Diskutiert wurde dann weitgehend ruhig und sachlich, viele Argumente wurden ausgetauscht und Fragen aufgeworfen:

Pro:

  • Eingetragene Lebenspartnerschaft ist diskriminierend: Wer bei Familienstand „verpartnert“ angibt, outet sich automatisch als homosexuell

  • Bei Unfällen oder Krankheit im Ausland gibt es oft Probleme, wenn dort Eingetragene Lebenspartner kein Auskunftsrecht wie Eheleute erhalten

Contra:

  • das Bundesverfassungsgericht (BVG) urteilte 1993, dass die Ehe zwischen Mann und Frau privilegiert ist – das wurde bisher nicht revidiert, d.h. die Ehe-Öffnung ist nur durch eine Grundgesetzänderung möglich

  • Rechtlich gleichberechtigt zu sein heißt nicht, gleich zu sein → Wer gleiche Rechte hat, braucht nicht auch noch die Bezeichnung „Ehe“

Pro:

  • Seit '93 hat sich viel geändert, z.B. aktuelles BVG-Urteil: Adoption ist inzwischen auch für Homosexuelle möglich (niemand hat ein Recht auf Adoption, aber das Kind hat ein Recht auf die bestmöglichen Eltern)

  • Füreinander Verantwortung übernehmen ist ein konservativer Wert → wenn Homosexuelle heiraten wollen, haben die Konservativen einen Kulturkampf gewonnen

  • Zur Ehe-Öffnung sind beim BVG mehrere Klagen anhängig – die Urteile werden bis Ende 2016 erwartet und vermutlich die Ehe öffnen

Contra:

  • Die Ehe zwischen Mann und Frau ist von Natur aus privilegiert, weil nur in dieser Verbindung Kinder gezeugt werden können

  • 18 Mio. Ehepaaren mit Kindern stehen nur 50.000 bis 60.000 Eingetragene Lebenspartner gegenüber, das rechtfertigt keine Ehe-Öffnung

Pro:

  • Ehe muss auch die gesellschaftliche Realität abbilden, und die hat sich in den letzten 25 Jahren geändert

  • Laut BVG sind Familien auch Homosexuelle mit Kindern

  • Die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare mindert in keiner Weise die heterosexuelle Ehe oder das Kinderkriegen in Hetero-Ehen

  • CDU sollte nicht immer erst auf Urteile warten, sondern vorangehen und gestalten

  • Selbst der Supreme Court in den USA hat die Ehe geöffnet

Contra:

  • Wenn die Ehe-Öffnung kommt, werden Grundwerte aufgeweicht

  • Woher kommt die Debatte – vielleicht nur dem Zeitgeist geschuldet?

  • Warum wird plötzlich so forsch und dringlich debattiert?

  • Die Gesellschaft sollte das Thema debattieren und nicht das BVG

  • die biblischen Aussagen zur Homosexualität sollten beachtet werden

Pro:

  • Auslöser der Debatte war Ende April die Entscheidung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, ab 2016 auch gleichgeschlechtliche Paare zu trauen → das Ja der Volksabstimmung in Irland wirkte dann wie ein Katalysator

  • Gerade die C-Partei muss die Debatte aufnehmen

  • bis zu zwei Drittel der Unions-Anhänger sind laut Umfragen für die Ehe-Öffnung

Contra:

  • 0,3% gleichgeschlechtliche Paare sind zu wenige

  • Will man die Ehe mit der Öffnung entwerten? Aufgewertet wird sie sicher nicht.

  • Die Ehe für Homosexuelle könnte ein Türöffner sein für die Ehe für alle (Polygamie und Inzest)

Pro:

  • Wenn zwei Menschen füreinander Verantwortung übernehmen wollen, ist das doch DER Wert schlechthin – egal, ob hetero- oder homosexuell

Contra:

  • Basis für die Ehe ist nicht Verantwortung, sondern Kinderzeugung

  • eine Minderheit drängt der Mehrheit eine Diskussion auf

  • Homosexuelle wollen z.T. schon Kinder in der Schule indoktrinieren

Pro:

  • Es geht um die standesamtliche Ehe, und die ist ein reiner Verwaltungsakt

  • Gesellschaftliche Veränderungen: Frauen sind nicht mehr wie früher abhängig von ihrem Mann, das Kindeswohl ist gleichberechtigt mit dem der Eltern

  • Bei Ehen liegt die Scheidungsrate (2001-2013) im Schnitt bei 36 Prozent, bei Eingetragenen Lebenspartnerschaften nur bei 10 Prozent

  • Niemand soll oder kann zur Homosexualität bekehrt werden, auch nicht durch die Ehe-Öffnung

  • gerade in stark katholisch geprägten Ländern wie Spanien und Irland ist die Zustimmung heute groß

  • Gleichheits-Grundsatz: Mit welchen Argumenten dürfen Homosexuelle von der Ehe ausgeschlossen werden?

  • Bei der Heirat wird niemand nach der Kinderplanung gefragt

  • Füreinander Einstehen ist ganz und gar im Sinne der CDU und der Gesellschaft

Contra:

  • Heterosexuelle Ehen sind nicht per se problembeladen

  • Warum muss das Institut Ehe infrage gestellt werden?


Zum Abschluss bedankte sich Daniel Dittmar für die sachliche Diskussion, die gezeigt habe, dass die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ein Querschnittsthema sei. Mit Spannung werde jetzt auf das Ergebnis gewartet.