Flüchtlingswelle in Berlin
Unter den rund 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmern war auch die Vizepräsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses, Anja Schillhaneck, und die neue Leiterin des Flüchtlingsheims in der Colditzstraße, Rim Farha. Gute zwei Stunden nahm sich Czaja Zeit, um eindrucksvoll von der Mammutaufgabe zu berichten, den Flüchtlingsstrom in Berlin zu bewältigen.
Flüchtlinge strömen unerwartet und nicht planbar
Die extrem steigenden Flüchtlingszahlen haben laut Czaja vor allem drei Ursachen: Die EU-Finanzkrise, die besonders Italien und Griechenland die vielen Lampedusa-Flüchtlinge oft einfach nur noch weiterleiten lässt, wirtschaftliche Verwerfungen auf dem West-Balkan und die aktuellen Konflikte in Syrien und Afrika. Noch seien nicht die Flüchtlingszahlen aus den 1990er Jahren erreicht, so Czaja. Aber kamen 2012 noch 60.000 Flüchtlinge nach Deutschland, werden in diesem Jahr schon 450.000 erwartet.
Als ein großes Problem bezeichnete Czaja die Bereitstellung von ausreichend Unterkünften in Berlin. Der Wohnungsmangel betreffe Asylanten genauso wie andere Bewohner der Stadt. Flüchtlingsheime hat Berlin jahrzehntelang nur angemietet, Probleme mit den Betreibern waren und sind keine Seltenheit. Erst seit kurzem baut das Land seine eigenen Asylunterkünfte, doch geeignete Grundstücke sind laut Czaja knapp und die Anwohner oft nicht begeistert. Die Tendenz gehe jetzt zu vergleichsweise günstigen Fertigteilbauten für bis zu 250 Flüchtlinge.
Ängste auf beiden Seiten
Czaja sprach auch über die Ängste von Anwohnern, die alle sozialen Schichten beträfen und mal berechtigt, mal unberechtigt seien. Die oft befürchtete Kriminalitätssteigerung bleibe aus, dafür gebe es bei manchen Unterkünften ständig Demos von Links und Rechts, und immer wieder beschwerten sich Leute über Kinderlärm. Umgekehrt hätten auch die Flüchtlinge Ängste, z.B. vor Fremdenfeindlichkeit besonders in den östlichen Berliner Bezirken. Frau Farha erzählte aber aus eigener Erfahrung, dass viele später gar nicht mehr von dort weg wollten.
In der Fragerunde ging es neben Möglichkeiten der Steuerung von Flüchtlingsströmen und dem Schutz islamischer Flüchtlinge vor Salafisten auch um die Arbeitskraft von Flüchtlingen. Grundsätzlich dürfen Asylsuchende ab dem vierten Monat arbeiten, laut Czaja ist das aber eine weitere große Herausforderung. Zwar wollten viele Flüchtlinge arbeiten und Leute mit Fachkenntnissen würden auch gebraucht – doch sie scheiterten noch zu oft an fehlenden Deutschkursen, Problemen mit den Job-Centern oder der Berufsanerkennung.
Zum Abschluss betonte Czaja, wie wichtig für die Flüchtlinge und den Senat die Stadtteilarbeit in den Bezirken sei, die gerade in Tempelhof-Schöneberg viel ehrenamtliche Hilfe organisiere. Ein spannender, aufschlussreicher Abend mit interessanten Einblicken in die Arbeit des Sozialsenators.